Kleine Insekten ganz gross

Am Sonntag, 28. April 2019 fand in Härkingen die NAVGU-Exkursion statt. Der NAVGU (Naturverband Gäu-Untergäu) ist ein regionaler Zusammenschluss von neun Naturschutzvereinen der Gemeinden Egerkingen, Gunzgen, Härkingen, Hägendorf-Rickenbach, Kappel, Kestenholz, Neuendorf, Oensingen und Wangen b. Olten. Die Exkursion findet jährlich im April statt und wird jedes Jahr von einem anderen Verein ausgetragen. Dieses Jahr war wieder einmal der NVVH an der Reihe und zu diesem Anlass liessen wir uns etwas Besonderes einfallen. Statt um 7:30 Uhr zu starten und uns der Vogelwelt zu widmen, wollten wir für einmal unsere artenreichste und somit grösste Tiergruppe ins Zentrum stellen: Die Insekten. Wir legten den Treffpunkt auf 10 Uhr nach hinten – ein allzu frühes Aufstehen am Sonntagmorgen war nicht nötig.

Das Wetter spielte leider nicht so recht mit, trotzdem versammelten sich rund 50 Personen beim Waldhaus Härkingen, gespannt auf das Wissen unserer ExpertInnen. Auch beim Ablauf der Exkursion wählten wir eine etwas unkonventionellere Methode, die Teilnehmenden wurden in drei Gruppen herumgeführt und besuchten dabei die Stände der drei engagierten Fachleute. Es waren dies Lea Kamber, Biologin und Käferspezialistin, Katrin Luder, die für den Verein Glühwürmchen arbeitet und Thomas Schwaller, Leiter des Amts Natur und Landschaft des Kantons Solothurn und Experte in (fast) jeder Tiergruppe der Schweiz. Die 30 Minuten am Posten vergingen jeweils wie im Flug, das Wissen der ExpertInnen war beeindruckend und die Gruppen konnten sich vor lauter Fragen stellen, kaum noch vom Stand lösen. Die Sonne grüsste ab und an zwischen den Wolken durch und löste den teilweise einsetzenden Nieselregen ab. Alles in allem erlebten wir richtiges Aprilwetter, eigentlich beste Bedingungen für Vögel und nicht für Insekten. Natürlich wurden ab und an Augen und Ohren auf die Vögel gelenkt. Besonders bemerkenswert ist die Beobachtung eines Halsbandschnäppers, der in der Deutschschweiz nur sehr selten nachgewiesen wird und sich am Waldrand mit den häufigeren Trauerschnäppern aufhielt. Erwähnenswert sind auch die beiden Waldlaubsänger, die zusammen mit zwei weiteren Laubsängerarten Zilpzalp und Fitis im und ums Biotop kräftig sangen.

Kurz nach zwölf Uhr trafen sich alle Teilnehmenden wieder beim Härkinger Waldhaus, um sich nach der spannenden Exkursion zu stärken und noch etwas gemütlich zusammen zu sitzen. Es gab zweierlei Risotto vom Feuer, Cervelats und Brot, sowie ein grosses Kuchenbuffet. Dem Thema entsprechend war es zudem möglich, essbare Insekten zu versuchen und beispielsweise das Risotto damit zu würzen. Nachdem vor einem halben Jahr essbare Insekten gross in den Medien waren und auch die Grossverteiler auf den Zug aufsprangen, ist es bereits wieder ruhiger geworden, die Verkaufszahlen sind bescheiden, obwohl es aus ökologischer Sicht eine gute Alternative zu anderem Fleisch wäre. Dass viele Leute Mühe haben, Insekten zu essen, zeigte sich auch an unserer Exkursion, besonders beliebt waren sie auf jeden Fall nicht, noch haftet ihnen der Ruf einer Art Mutprobe an.

Wichtiger als Insekten zu essen, ist es allemal sie zu schützen. Unsere heimische Insektenwelt ist arg in Bedrängnis geraten, die Zahlen nehmen drastisch ab, eine deutsche Studie spricht von einem Rückgang von 80% (!) der Masse an Fluginsekten in den letzten 30 Jahren. Immerhin ist das Insektensterben mittlerweile in aller Munde, in der Schweiz gab es eine Initiative zur Aufklärung des Insektensterbens, SRF hat die Mission B (für Biodiversität) ins Leben gerufen und viele Leute stellen sich ein Wildbienenhaus in den Garten. Dass es aber noch ganz viel zu tun gibt, führten uns unsere ExpertInnen eindrücklich vor Augen. Denn egal ob Heuschrecken, Käfer, Schmetterlinge, Libellen, Wanzen, Zweiflügler, Hautflügler oder Ohrwürmer, geholfen wird ihnen mit naturnahen Flächen, die nicht nur einer Produktion oder sonstigen Funktion unterworfen sind. Viele Blütenpflanzen helfen genauso wie Altholz, Wasserstellen, Brachflächen, Holzhaufen und offene Bodenbereiche. Nur wenn wir uns für mehr naturnahen Lebensraum einsetzen (sei dies in der Landwirtschaft oder in den privaten Gärten), können wir dem Insektensterben entgegenwirken. Profitieren tun alle, nicht nur die Insekten selbst, sondern besonders auch die Vögel und viele andere insektenfressende Tierarten und schliesslich auch wir selbst.

Wir möchten uns ganz herzlich bei Lea Kamber, Katrin Luder und Thomas Schwaller für ihre äusserst lehrreichen und sehr spannenden Referate bedanken. Wir sind sicher, ihr habt bei den anwesenden Personen viel ausgelöst!

Das NVVH-Jahresprogramm geht weiter mit dem Abendspaziergang im Rahmen «Schweiz bewegt» am Montag, 20. Mai, Treffpunkt ist bei der Mehrzweckhalle um 20:30 Uhr. Und schliesslich mit einem Neophyten-Arbeitstag samstags darauf am 25. Mai, wir treffen uns um 8:00 Uhr beim Waldhaus.